Woran erkenne ich fair gehandelte Produkte, wer vergibt die Siegel, welche Akteure stecken dahinter und was muss ich beim Kauf berücksichtigen?

An meinem zweiten Arbeitstag in der Agentur faltmann PR hatte ich das Vergnügen, an einem Business-Frühstück der XING-Gruppe Aachen & Euregio Maas Rhein teilzunehmen – um 07:30 Uhr. Networking ist nichts für Langschläfer. Bei der Vorstellungsrunde stieß mein Engagement für „Fairen Handel“ auf Interesse. Ich war hocherfreut, dass das Thema, welches mir seit Jahren am Herzen liegt, bei allen auf Zuspruch stieß. Das ist für mich natürlich viel einfacher, als jemanden von der Idee des Fairen Handels zu überzeugen. Sobald man sich als Moralapostel aufspielt, hat man sein Gegenüber schon verloren.

GEPA-Schokolade

Lecker: Vollmilch-Mandel-Schokolade mit Kakao aus Südamerika

Aber zurück zum Frühstück: Hier entstand nämlich die Idee, einen Beitrag über Fair-Trade-Produkte zu schreiben. Ich werde die wichtigsten Kriterien des Fairen Handels erklären und zwei Organisationen beziehungsweise Siegel vorstellen.

Wie ich dem Fair Trade begegnete …

Vor vielen Jahren bin ich in einem Supermarkt auf fair gehandelten Kaffee gestoßen. Damals wusste ich noch gar nicht, was das bedeutet. Nachdem ich mich informiert hatte, begann ich, nur noch Fair-Trade-Kaffee zu kaufen. Später kamen auch Bananen, Schokolade, Tee und andere Produkte hinzu. Manche dieser Produkte kosten bis zu einem Euro mehr als konventionell gehandelte.

Meine Einstellung zu Produkten, die für uns so alltäglich sind, hat sich jedenfalls geändert, denn ich weiß jetzt, welch harte Arbeit dahinter steckt, und genieße eine gute Tasse Kaffee umso mehr. Immerhin trinken wir in Deutschland jeder im Durchschnitt jedes Jahr etwa 165 Liter Kaffee.

Aber was ist das Besondere an diesen Produkten? Zum Ersten sind es exotische Produkte wie Kaffee aus Südamerika und Kakaobohnen von der Elfenbeinküste. Zum Zweiten unterscheiden sich diese Produkte von konventionell gehandelten dadurch, dass der faire Handel für die Produzenten und Kleinbauern vor Ort bessere Lebens- und Arbeitsbedingungen schafft.

Was bedeutet „fair gehandelt“ und nach welchen Kriterien wird das Siegel vergeben?

Was bedeutet „fair gehandelt“ denn überhaupt? Ein Beispiel: Die Elfenbeinküste ist eine der größten Exportregionen von Kakaobohnen. Dort arbeiten etwa 600.000 Kinder, teilweise unter sklavenähnliche Bedingungen. Der Faire Handel setzt sich für bessere und sicherere Arbeitsbedingungen ein.

Es gibt weitere Kriterien, die bei der Vergabe der Fair Trade Siegel wichtig sind:

  • Die Produzenten, Kooperationen oder Kleinbauern werden fair bezahlt, damit die Bezahlung ihre Produktions- und Lebenshaltungskosten abdeckt.
  • Bei Bedarf erhalten die Kleinbauern eine Vorfinanzierung für wichtige Investitionen. Das Geld wird zum Beispiel für die Umstellung auf ökologischen Anbau investiert.
  • Ausbeuterische Kinder- und Zwangsarbeit sind verboten.
  • Fair Trade steht für langfristige und transparente Handelsbeziehungen und schließt unfairen Zwischenhandel aus.
  • Fair Trade fördert den Umweltschutz.
  • Fair-Trade-Organisationen setzen sich für die Gleichberechtigung der Frauen, für Nicht-Diskriminierung und für Versammlungsfreiheit ein.
  • Fair Trade steht für gesunde und sichere Arbeitsbedingungen.
  • Die Produzenten werden durch Bildungsmaßnahmen gefördert.
  • Für soziale Projekte werden Prämien vergeben, die beispielsweise für den Bau von Schulen oder Buslinien für Schüler eingesetzt werden.

 

Inzwischen kauft fast jeder zweite Deutsche fair gehandelte Produkte. Diese Bewegung, die vor über 40 Jahren als Protestaktion gegen einen ungerechten Welthandel entstand, ist also in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Schattenseite ist, dass immer mehr Unternehmen von diesem lukrativen Geschäft profitieren wollen. Da kann man schon mal den Überblick über die einzelnen Siegel verlieren.

Daher stellt sich automatisch die Frage: Woher weiß ich als Verbraucher, welchem Produkt und welchem Siegel ich vertrauen kann?

Ist überall fair drin, wo „fair“ draufsteht?

Wer kontrolliert, ob diese Produkte auch unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellt und geerntet wurden?

WFTO

World Fair Trade Organisation

Fangen wir ganz oben in der Pyramide an: Da gibt es die WFTO – The World Fair Trade Organisation. Die WFTO ist die internationale Dachorganisation von mehr als 400 Fair-Handels-Organisationen in über 70 Ländern. Dazu gehören die Produzenten vor Ort, die Importeure sowie die Weltladen-Dachverbände. Als übergeordnete Organisation überprüft die WFTO, ob ihre Mitglieder in ihren gesamten Geschäftsabläufen die Prinzipien der WFTO erfüllen.

Diese Prinzipien entsprechen den oben genannten Fair-Trade-Kriterien. Die Organisation überprüft dabei durch verschiedene Monitoring-Prozesse, ob die Mitglieder die Fair-Handels-Kriterien auch einhalten. Der Aachener Weltladen – als Fachgeschäft des Fairen Handels – führt inzwischen auch dieses Siegel.

TransFair_Siegel

TransFair Siegel

Ein weiteres Siegel, das die meisten von uns aus dem Supermarkt kennen, ist das gelb-blaue Produktsiegel, das in Deutschland von TransFair e.V. vergeben wird. Im Gegensatz zur WFTO werden hier nur die Produkte überprüft. Es handelt sich dabei um Lebensmittel wie Kakao, Bananen, Kaffee, Reis, aber auch um Sportbälle, Blumen oder Textilien. Die Kriterien für die Vergabe des Siegels entsprechen den Standards der „Fair Trade Labelling Organisation International“.

So viel wie möglich … was Sie über Mischprodukte wissen sollten

Wer einen Weltladen oder einen Supermarkt besucht, bemerkt, dass immer weniger Produkte mit den gelb-blauen TransFair-Siegel angeboten werden. So findet man zum Beispiel diverse Kaffee- und Schokoladesorten von GEPA, die das Siegel nicht tragen. Wie kommt das und kann man auch diesen Produkten ohne das bekannte Fair-Trade-Logo trauen? Ja, man kann.

Es gibt inzwischen viele Händler – wie etwa die GEPA, die größte europäische Fair Handels-Importorganisation – die höhere Standards für Ihre Produkte fordern als das bekannte Siegel. Das TransFair-Siegel vergibt inzwischen auch an Mischprodukte Lizenzen, die nur 20 Prozent fair gehandelte Bestandteile enthalten, und hat somit seine Mindest-Anforderung von 50 Prozent auf 20 Prozent gesenkt.

So ein typisches Mischprodukt ist beispielsweise Vollmilch-Schokolade. Sie enthält folgende Zutaten: Zucker, Kakao, Milchpulver und – je nach Sorte – Nüsse, Vanille, Rosinen oder andere Zutaten. Andere Händler sind kritischer als die GEPA und bestehen darauf, dass Mischprodukte mindestens 50 Prozent fair gehandelte Bestandteile beinhalten sollen. Händler wie die GEPA, dwp oder El Puente versuchen, in diese Produkte so viel wie möglich fair gehandelte Zutaten zu stecken.

Das Transfair-Siegel ist trotz allem ein wichtiger Wegweiser. Ich würde mich vor allem im Supermarkt danach orientieren. Es gibt in Supermärkten nämlich inzwischen zahlreiche Siegel, die sich „fair“ nur auf die Fahnen schreiben, deren Produkte jedoch nicht unter fairen Arbeitsbedingungen produziert werden oder andere wichtige Kriterien nicht erfüllen. In diesem Fall ist das Transfair-Siegel immer noch eine verlässliche Quelle. In Weltläden hat man andererseits ein breiteres Angebot an Produkten, die höheren Standards entsprechen.

Mein persönliches Fazit: Fair bleiben!

Seit ich über Fairen Handel Bescheid weiß, achte ich beim Einkaufen genauer darauf, woher die Lebensmittel kommen. Man muss sich doch fragen, wie es möglich ist, dass ein Kilogramm Bananen oder sogar Orangen aus Spanien 0,99 Euro kostet.

Es gibt mehrere Möglichkeiten, den Fairen Handel zu unterstützen: Man kann sein eigenes Einkaufsverhalten prüfen und gegebenfalls ändern. Man kann das Angebot kritisch hinterfragen und möglicherweise woanders einkaufen.

Eine andere Möglichkeit ist, Zeit zu investieren und sich ehrenamtlich zu engagieren. Wer dazu Lust hat, kann etwa jede Woche ein paar Stunden im Weltladen arbeiten. Die Weltläden werden von Ehrenamtlichen geführt, nur der Geschäftsführer ist fest angestellt.

Ich selber bin im Aachener Weltladen ehrenamtlich tätig und kann jedem, der ein bisschen Zeit erübrigen kann, nur empfehlen, sich dort zu engagieren. Man tut etwas Gutes und hat dabei Gelegenheit, viele tolle Menschen kennenzulernen.

Im Weltladen Aachen kann man nicht nur im Verkauf aushelfen, sondern auch seine Kenntnisse und Erfahrungen in Arbeitsgruppen einbringen: in der Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit oder in der Produktgruppe. Ausführliche Informationen über das Thema finden Sie auf der Seite des Forums Fairer Handel.

Welche Erfahrung haben Sie mit fair gehandelten Produkten? Gibt es weitergehende Tipps, Empfehlungen in Aachen oder der Region – oder haben Sie an einer Stelle schlechte Erfahrungen gemacht und möchten uns warnen? Ich freue mich auf Ihren Kommentar!

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