Smartphone, Fitness Tracker, Navigations-System, TV-Überwachung: Unsere Alltagsgeräte haben uns voll unter Kontrolle. Sie speichern unsere Daten und melden sie, ohne dass wir es bemerken. Lesen Sie hier, welche Spionage-Geräte und -Kanäle es heute schon gibt und wie Sie sich dagegen schützen können.
Unsere Alltagsgeräte haben uns voll unter Kontrolle Share on XHaben Sie sich eigentlich schon mal gefragt, wer Ihnen alles tagtäglich über die Schulter schaut? Ach so: Sie haben nichts zu verbergen? Schön für Sie! Dann macht es Ihnen also auch nichts aus, dass Jan und Jedermann wissen, wann Sie wo mit wem kommuniziert haben, was Sie gerade beschäftigt, welche Zeitungsartikel und Internetseiten Sie lesen und in den letzten Jahren gelesen haben, welche sexuellen Vorlieben oder politischen Interessen Sie haben? All dies auszuspionieren, stellt heutzutage nämlich kein großes Problem mehr dar.
Persönliche Daten sind wertvolle Handelsware
Den neuen Rohstoff „Persönliche Daten“ verarbeiten Maschinen mit intelligenten Algorithmen. Sie analysieren und berechnen uns autonom, jederzeit und überall. Das Profil, das Maschinen erstellen, bestimmt nicht nur, welche Werbebotschaften wir erhalten, sondern auch, ob wir kreditwürdig sind. Vielleicht entscheidet es in Zukunft, welchen Job wir bekommen und welche Informationen zu uns passen. Glauben Sie nicht? Das sollten Sie aber. Bloß, weil Sie nicht paranoid sind, heißt das noch lange nicht, dass niemand hinter Ihnen her ist. Die Schnüffler lauern überall: beim Sport, im Auto und in Ihrem Wohnzimmer.
Persönliche Daten sind Handelsware Share on XLeider vergessen solche Spione – im Gegensatz zu Bäcker(-innen), Buchhändler(-innen) oder Flugblattverteiler(-innen) – die Daten nicht, sondern sammeln und speichern sie zu allem Überfluss. Derzeit kann wohl kein Mensch auf der Welt auch nur im Ansatz die Frage beantworten: „Wer besitzt welche Daten über mich?“ Das große Problem ist die Unwissenheit vieler Menschen. Die Bürger – von ein paar Datenschützern und Netzaktivisten abgesehen – regen sich nicht auf. Denn sie wissen überhaupt nicht, wie ihnen geschieht.
Das Smartphone: Ein Abhörgerät in der Hosentasche
Eine Kamera, ein Mikrofon, eine Internetverbindung und ein GPS-Empfang – fertig ist die perfekte Ausrüstung für einen Spion. Diese Sorte Agent muss niemand bezahlen. Fast jeder von uns hat ihn auf Schritt und Tritt freiwillig dabei. Alle Daten, die das Smartphone sammelt, verschmelzen zu einem individuellen Nutzerprofil. Schon heute ist ein Datensatz bis zu 40 Euro wert. Wir produzieren immer mehr Daten und gleichzeitig macht speziell entwickelte Software es immer leichter, diesen Datenberg auszuwerten.
Für einige Herrschaftsmachten ist ein Traum wahr geworden: Statt die Wohnung ihres Opfers zu verwanzen oder Spione auf ihn anzusetzen, installieren sie ein verdecktes Programm auf seinem Smartphone. Schon trägt die Person eine perfekte Überwachungsmaschine mit sich herum. Die Gespräche, Kurznachrichten und Internet-Aktivitäten werden übertragen, und der Besitzer ahnt nichts davon.
Wie können Sie den dreisten Datenraub Ihres Smartphones verhindern?
Schützen Sie sich, indem Sie die Datenübertragungen Ihres Smartphones einschränken. Einige Verbindungen – wie GPS und Bluetooth – benötigt man nicht ständig. Aktivieren Sie diese deshalb nur bei Bedarf. Verbreiten Sie niemals wichtige Informationen – wie Bankdaten oder Pin-Codes – über Kurznachrichten. Und installieren Sie nur Apps von vertrauenswürdigen Quellen.
Verhindern Sie, dass Ihr eigenes Gerät Sie aushorcht! Share on XVernetzte Gesundheit als Diagnosewerkzeug
Viele Menschen nutzen einen sogenannten „Fitness Tracker“. Das kleine Gerät, das man als Clip am Körper oder als Armband trägt, zählt die Schritte, die pro Tag zurücklegt werden. Zusätzlich misst es Blutdruck und Herzfrequenz und überprüft, was und wie viel wir essen und ob wir wirklich gut schlafen.
Lebt man wirklich gesünder mit einem Fitnessarmband? Es gibt „keine Gesundheit aus der Steckdose“, jedoch könnte das Armband eine Motivation für mehr Bewegung sein. Die ständige Erfolgsanzeige des Hightech-Geräts motiviert einen Läufer, seine Trainingseinheiten einzuhalten und zu verbessern.
Ist ein Fitness-Tracker ein Diagnose-Werkzeug - oder mehr? Share on XIn Deutschland gibt es strenge Regeln für Datenschutz, jedoch sitzen viele App-Entwickler in den USA, wo andere Gesetze gelten. Wenn die Fitness-App kostenlos ist, stellen Sie sich die Frage: Woran verdient der Hersteller dann sein Geld? Möglicherweise durch den Verkauf personenbezogener Daten?
Mittlerweile bieten sogar Krankenkassen Bonusprogramme für Mitglieder an, die ihre Fitnessdaten sammeln und mitteilen. Die Kunden erhalten einen Rabatt, wenn sie sich nachweislich gesund verhalten. Diese Daten werden von einer App gesammelt und direkt an die jeweilige Krankenkasse zur Auswertung übermittelt. Die eigentliche Frage, die sich jetzt stellt, lautet: Müssen zukünftig alle Mitglieder, die nicht dazu bereit sind, höhere Beiträge zahlen – oder werden sie gar schlechter versorgt?
Ihr Auto als Verräter …
ABS, Abstandsregler, Notbrems-System, Regensensor, Spurhalte-System, Navigations-System – im modernen Auto verarbeiten über 1000 Minicomputer in jeder Sekunde etwa eine Million Daten. Wohin fahren wir wann mit welcher Geschwindigkeit und wie reagieren wir bei nasser Straße? Solche Daten sind Gold wert. Teilweise werden die gesammelten Informationen gespeichert, zum Teil aber auch übertragen. Nur: Wem gehören diese Informationen und wer darf sie nutzen?
Zurzeit gibt es noch keine endgültige Rechtsregelung. Es gibt zwar den Grundsatz der Datensparsamkeit, der wirkt jedoch bei einer solchen Menge an Daten fragwürdig. Die Hersteller nutzen die Daten für verschiedene Zwecke, etwa für die angebliche Verbesserung der Kundenzufriedenheit. Oft sind auch andere Unternehmen, wie Zulieferer oder Werkstätten, mit einbezogen.
Scharf auf die Datenflut sind beispielsweise Versicherungen. Einige bieten schon heute „Pay as you drive“-Modelle an: Dabei lässt der Fahrer sein Fahrverhalten von der jeweiligen Versicherung auswerten und bezahlt dementsprechend einen angepassten Tarif. Sind Sie beispielsweise ein rasender Verkehrsrowdy, steigt der Versicherungstarif. Fahren Sie dagegen sicher und rücksichtsvoll, sinkt der Tarif entsprechend.
Audi wehrt sich
Erst vor kurzem hat sich Audi-Chef Rupert Stadler mit dem Tech-Giganten Google wegen des Themas Datenschutz angelegt. Der Internet-Riese Google möchte das Betriebssystem Android in Audi-Fahrzeuge bringen – allerdings zu seinen Bedingungen. „Die einzige Person, die Zugriff auf die Daten benötigt, ist der Autofahrer selbst“, so Rupert. Er macht deutlich klar, dass das Auto eine Art „zweites Wohnzimmer“ ist. Und das darf nicht durch Dritte überwacht werden. Es ist privat.
Die einzige Person, die Zugriff auf die Daten benötigt, ist der Autofahrer selbst Share on XTV-Überwachung: ein Traum der Werbeindustrie
Auch in TV-Geräten kommen immer öfter Kameras zum Einsatz. Die aus der „Wohnzimmerüberwachung“ gewonnene Erkenntnis ist für Werbeanbieter und Programmvorsitzende von Fernsehsendern unbezahlbar. Es lässt sich genau überprüfen, welche Art von Fernsehwerbung die TV-Zuschauer unterschiedlicher Zielgruppen anspricht und wobei sie gelangweilt umschalten oder sogar das Zimmer verlassen.
Bei Streaming-Diensten oder Mediatheken würde die Möglichkeit bestehen, dass Anbieter sogar verhindern, die Werbepause zu überspringen. Der Werbefilm würde einfach pausieren, wenn gerade niemand im Raum ist oder auf den Bildschirm schaut. Anschließend liefe die Werbung gegen den Willen des Betrachters weiter.
Die einzige Lösung zur Vermeidung einer TV-Überwachung besteht darin, seinen Fernseher erst gar nicht mit dem Internet oder anderen mobilen Endgeräten zu verbinden. So laufen Sie keine Gefahr, dass fremde Personen Ihre abendlichen Aktivitäten auf dem Sofa beobachten können.
Das TV-Gerät sollte offline bleiben Share on XDer von allen geliebte Desktop-Rechner
Schnell mal eben im Internet recherchieren, ein Textdokument erstellen, E-Mails lesen oder ein Video anschauen. Alles kein Problem, dank dem Desktop-PC, der bei fast jedem Deutschen zu Hause steht. Meist bleibt er den ganzen Tag lang an und ist ein ideales Ziel für Hacker. Ein kostenloses Antivirus-Programm soll uns vor allen bösartigen Bedrohungen schützen. Was jedoch kaum einer weiß: Heutzutage ist es kein großes Kunststück für einen Programmierer, solche Programme zu umgehen und Zugriff auf den gesamten Rechner und alle angeschlossenen Geräte zu erhalten.
Es ist daher zu empfehlen, etwas Geld in ein gutes Antivirus-Programm zu investieren, das ständig auf dem neuesten Stand der Entwicklung ist. Unbekannte E-Mail-Anhänge sollten Sie sofort löschen und bei den ersten Anzeichen von Missbrauch unverzüglich einen Experten aufsuchen. Denn auch wenn Sie wissen, dass Sie überwacht werden, werden Sie die Plagegeister nicht so leicht los – die Desktop-Spione sind meist sehr gut versteckt und so effektiv getarnt, dass sie auf Ihrem PC kaum zu finden sind. Den Rechner auszuschalten, wenn er gerade nicht benötigt wird, schützt jedoch am besten vor unerwünschten Besuchern.
Ein gutes Antivirus-Programm lohnt sich Share on XZukunftsvision oder bereits Realität?
Eine Cyberbrille, die alles und jeden überwacht, wird es in Deutschland wohl nie geben? Von wegen! Sie ist näher, als wir alle uns bisher erträumt hätten. Google hat das Release-Datum der Datenbrille „Google Glasses“ in Deutschland für das dritte Quartal 2015 angekündigt. Mit der Brille wird jeder zu einer wandelnden Kamera und verbreitet unwissend Unmengen an Informationen über sich und seine Umgebung. Bereits jetzt überwiegt die Faszination der Produkttester gegenüber jeder möglichen datenschutzrechtlichen Skepsis. Der Mensch selbst wird zum Spionagewerkzeug umfunktioniert und „kontrolliert“ seine Umgebung.
Vielleicht enthält der Roman „1984“ von George Orwell doch mehr reale Zukunft als gedacht? Das Buch stellt einen totalitären Präventions- und Überwachungsstaat im Jahre 1984 dar, eine düstere und hoffnungslose Vision, die für uns Menschen eine beklemmende Warnung vor der uneingeschränkten Vereinnahmung ist.
Wie soll ich damit umgehen?
Das Recht auf Privatsphäre gilt als Menschenrecht und ist in allen modernen Demokratien verankert. Es gewährleistet jedem Bürger persönlichen Raum, in dem er sich frei und ungezwungen verhalten kann. Er soll sich nicht fürchten müssen, dass andere Personen von seinem Verhalten Kenntnis erlangen oder ihn sogar beobachten bzw. abhören. Jedoch umgehen viele Unternehmen diese Beschränkungen, um „legal“ personenbezogene Daten sammeln zu können. Unter dem Deckmantel der „Kundenzufriedenheit“ oder „Marktverbesserungsstrategie“ nutzen sie Gesetzeslücken aus.
In Zukunft werden uns wahrscheinlich immer mehr verschiedene technische Geräte im Alltag ständig ausspionieren. Um einer permanenten Überwachung komplett zu entgehen, müsste man sich in Online-Abstinenz üben und damit auf seine bisherigen Alltagsgewohnheiten verzichten oder zumindest bei seiner Technik-Nutzung große Umstellungen und Hürden in Kauf nehmen. Die meisten Menschen wollen jedoch darauf nicht mehr verzichten.
Wie kann ich mich vor Spionage im Alltag schützen? Share on XIn unseren eigenen vier Wänden haben wir zumindest einen kleinen Einfluss auf den Umfang der Spionage: Verbinden Sie TV-Geräte nicht mit dem Internet, wenn Sie es nicht brauchen. Fahren Sie den Desktop-PC auch mal herunter. Verzichten Sie beim Sport auf Fitness Tracker und schränken Sie Ihre Smartphone-Verbindungen ein. – Kurz gesagt: Ziehen Sie einfach mal den Stecker und genießen Sie das Leben ohne Technik!
Welche Erfahrungen haben Sie mit Datenspionen gemacht? Halten Sie Online-Abstinenz für eine realistische Alternative? Ich freue mich auf Ihre Anmerkungen.
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Sehr interessanter, aber gleichzeitig auch erschreckender Beitrag.