Sneaker sind nicht mehr nur Schuhe, die man beim Sport trägt. Sie haben einen neuen Stellenwert bekommen. Geht man auf die Straße, sind sie überall zu entdecken, in allen vorstellbaren Varianten: Einfarbig, gepunktet, gestreift, kariert, mit Animal-Print. Der Auswahl an Farbkombinationen sind keine Grenzen gesetzt. Nike und Adidas bieten dem Kunden zudem die Möglichkeit, eigene Kreationen am Computer zu erstellen und sich liefern zu lassen.
„Noch ein Paar? Hast du denn nicht schon genug? Das ist doch jetzt mindestens dein 20. Paar von den Tretern!“ So skeptisch tritt meine Mutter meiner Vorliebe für „Turnschuhe“, wie sie sie gerne nennt, entgegen. Dabei ist die Anzahl meiner Sneaker noch relativ gering im Vergleich zu der anderer Sammler.
Wer braucht denn 20 Paar Turnschuhe? Share on XVon der Sammelleidenschaft zum Geschäftsmodell
In den letzten Jahren herrscht ein regelrechter Sneaker-Boom. Die Nachfrage steigt stetig. Unzählige Blogger gibt es mittlerweile, die über die Liebe zu ihren Sneakern schreiben und andere Liebhaber über bevorstehende Veröffentlichungen informieren.
Vor allem die limitierten Modelle sind heißbegehrt. Das merken namhafte Sportartikel-Hersteller wie Nike, Adidas, Reebok, Asics oder Puma natürlich auch und reagieren auf den Trend. Kenner kaufen, um die ergatterten Schuhe wieder verkaufen zu können. Und das für ein Vielfaches. Auf der „Reseller“-Website „K‘lekt“ findet man die limitierten Modelle von Privatverkäufern zu Preisen, die sich deutlich vom Original abheben. Aus der Sammelleidenschaft wird ein neues Geschäftsmodell.
Basketballspieler der NBA (National Basketball Association) designen schon seit langem ihre eigenen Basketballschuhe, die später in den weltweiten Verkauf gehen. Das Konzept lohnt sich und die Absatzzahlen sprechen für sich. Was innerhalb der Sportbranche in den USA schon längst zum Standard im Marketing gehört, weitet sich auch auf die Lifestyle-Kollektionen aus. Sportartikel-Hersteller holen sich Prominente ins Boot, die ihre Marke repräsentieren sollen.
Besonders begehrt sind momentan Produkte, die in den letzten zwei Jahren aus der Zusammenarbeit zwischen dem US–amerikanischen Rapper Kanye West und Adidas entstanden sind. Der „Yeezy“ ist momentan einer der begehrtesten Exemplare. Sammler und Sneaker-Liebhaber reißen sich um jeden Preis darum. Der Ansturm auf die Schuhe wird immer größer und nimmt unvorstellbare Ausmaße an, die mit dem Andrag auf ein neues Modell des iPhones von Apple zu vergleichen sind. Die Nachfrage ist teilweise so groß, dass Liebhaber tagelang ihre Zelte vor den Läden aufschlagen und campen, egal, ob Sommer oder Winter herrscht. Schlechtes Wetter oder eisige Temperaturen spielen keine Rolle.
Kauf mit Vorbereitung
Manchmal geht die Sneaker–Liebe sogar so weit, dass man das Recht auf den Kauf über sogenannte „Raffles“ gewinnen muss. Dabei nutzen die Läden ihre Social Media Accounts, um eine möglichst große Menge an Menschen zu erreichen. Das ist wohl auch die fairste Variante, um sicherzugehen, dass alle die gleiche Chance haben. Auch die Social-Media-Kanäle verschiedener Läden bieten auf ihren Accounts Gewinnspiele an, um die begehrten Modelle zu erwerben. Dabei geht es um das „Reposten“ von Bildern mit einem speziellen Hashtag, der meist aus einer Kombination aus dem Schuh und dem Laden besteht.
Wer das Raffle gewinnt, darf die heißbegehrten Sneaker kaufen Share on XWie verrückt so ein Kauf sein kann, habe ich selbst schon miterlebt. Auf Social-Media-Kanälen wie Facebook und Instagram ist das ganze Spektakel in Bildern dokumentiert. Der Ablauf eines limitierten „Release“ klingt unglaublich, ist aber mittlerweile normal. Sobald bekannt gegeben wurde, wann und wo die neuen Sneaker rauskommen, beginnt die Vorbereitung. Es gibt Sammler, die bereits Tage vorher zum Laden fahren, um sich in eine aushängende Liste einzutragen. Dabei gibt man seine Wunschschuhgröße und seinen Namen an, damit die Betreiber auch wissen, wer welche Größe kaufen möchte. Danach heißt es erstmal abwarten.
In Berlin ist es beispielsweise so, dass es im Laufe des Tages Checks gibt, um sicherzugehen, dass alle, die auf der Liste stehen, noch da sind. Zum Teil werden vor dem Laden Pizza und Getränke verteilt, um das Warten etwas angenehmer zu gestalten. Wenn es dann endlich soweit ist und man im Laden steht und den Schuh kaufen kann, muss nur noch der Geldbeutel gezückt werden, was bei den Preisen manchmal auch etwas wehtun kann. Limitierte Modelle gibt es nämlich meist nicht unter 150 €. Zunächst klingt das nach einer unnötig hohen Ausgabe. Je nach Auflage der Schuhe kann man aber enorm profitieren.
Sneaker als Wertanlage
Kaum vorstellbar, dass solche Schuhe als Wertanlage brauchbar sein können. Bietet man seine Schuhe wieder zum Verkauf an, wie etwa auf der Website „K‘lekt“, so kann man teilweise utopische Gewinne machen. Für bestimmte Modelle zahlen Liebhaber auch mal das Doppelte bis Fünffache. Der Preis richtet sich meist danach, was der Käufer bereit ist, auszugeben. Besonders bei limitierten Modellen, von denen es zum Teil nur 80 Paar auf der ganzen Welt gibt, greifen sie oft sehr tief in die Tasche.
Liebhaber zahlen das Doppelte bis Fünffache für limitierte Modelle Share on XSolche „Erfolgsstorys“ erzähle ich dann natürlich gerne meiner Mutter, wenn sie mir vom nächsten Kauf abraten möchte.
Dieses Geschäftsmodell wird aber leider viel zu oft genutzt. Leider, weil es nicht mehr um die Sammelleidenschaft geht, sondern vielmehr um den Gewinn, den man damit erzielen kann. Es gibt vermeintliche „Sammler“, die sich beim Release-Day 5 Exemplare auf einmal schnappen, allein, um sie wieder zu verkaufen. Natürlich gehen dadurch andere leer aus, die den Schuh um des Schuhs Willen kaufen wollen und nicht, um damit Profit zu machen. Das sind keine Sammler, sondern lediglich Menschen, die ihre Chance darin sehen, aus der Leidenschaft anderer Gewinn zu machen.
Trotz alledem lasse ich mich nicht beirren und werde mich nun durch diverse Instagram Accounts scrollen, um zu sehen, welches Schätzchen demnächst bei mir einziehen darf.
Ein Boom? Eine Seifenblase?
Denken Sie, dass diese Seifenblase bald platzen wird oder halten Sie Sneaker für eine Wertanlage? Können Sie sich vorstellen, auf den Zug aufzuspringen? Ich freue mich auf Ihre Meinung!